
Die Figurenspieltherapie ist eine ganzheitliche Spiel- und Kunsttherapieform. Sie basiert auf dem von Carl R. Rogers entwickelten personenzentrierten Ansatz. Dieser stellt den Menschen in den Mittelpunkt und vertraut auf dessen Fähigkeiten, sich selbst entwickeln zu können. Die Beziehung zwischen Therapeutin und Klient stellt im personenzentrierten Ansatz die wichtigste Grundlage für Wachstum und innere Heilung dar.
Durch den geschützten und begleiteten Rahmen bietet die Figurenspieltherapie die Möglichkeit, seelische Belastungen auf spielerische Art zu verarbeiten und sich dadurch mit herausfordernden Lebenssituationen auseinanderzusetzen. Das Figurenspiel wirkt also wie ein Ventil.
Durch die Figuren und Requisiten, welche Symbolcharakter haben, kann spielerisch ausgedrückt werden, was sich nicht in Worte fassen lässt. Dies führt dazu, dass ein Gefühl des Angenommenseins und Verständnisses entsteht. Im Spiel können eigene Lösungswege ausprobiert und neue Strategien entwickelt werden. Dies wirkt unterstützend auf den Entwicklungsprozess, fördert die eigenen Fähigkeiten und Ressourcen und stärkt das Selbstvertrauen.
Im therapeutischen Figurenspiel werden eigene Geschichten und Erlebnisse auf eine kleine Bühne gebracht. Es stehen eine vielfältige Auswahl an Menschen- und Tierfiguren, sowie Requisiten zur Verfügung, welche auf eigens kreierten Spielbühnen bei der Umsetzung dieser Geschichten helfen.
Die selbst gestaltete Bühne, welche durch unterschiedliche Materialien entsteht, dient als Handlungsort. Sie ist überblickbar und hilft bisher Verborgen Gebliebenes sichtbar zu machen. Durch die Möglichkeit der ständigen Wandlung durch Umgestaltung, bietet sie trotz des begrenzten Raumes unerschöpfliche Möglichkeiten.
Durch die Form des Spiels können und dürfen die Figuren alles.
Anders als im Rollenspiel, in welchem die gesamte eigene Person involviert ist, fliesst im therapeutischen Figurenspiel das innen Erlebte über den Arm durch die Figur ins Aussen. Somit haben alle Emotionen, Gefühle und Handlungen Platz, da sie durch die Figuren als Handlungsträger nach aussen gelangen, ohne wirkliche Verletzungen bei den Beteiligten entstehen zu lassen.
Im therapeutischen Figurenspiel ist alles möglich. Ob Zauberei, Zerstörung, Wutausbrüche, Versöhnung oder Verwandlung. Dem Verstand sind keine Grenzen gesetzt.
Die Figuren sind absolut duldsam. Sie ertragen Situation, welche für den Menschen dahinter seelisch unheimlich belastend und selbst kaum tragbar sind. Sie können manipuliert werden und gehorchen widerstandslos. So können einem beispielsweise Ängste durch die Materialisierung in Form einer Figur nichts mehr anhaben. Die Angst wird fassbar, kann beherrscht und im Spiel weggesperrt werden.
Jeder Spieler verleiht jeder Figur einen einzigartigen Charakter. Es lässt sich selbst bestimmen, welche Figur gespielt werden möchte und, welche Figuren die Therapeutin zugewiesen bekommt. Die Therapeutin wirkt im Spiel als Begleiterin, indem sie gemäss Zuteilung und Anweisungen die gewählte Geschichte mitspielt, die Gefühle ebenfalls durchlebt und mitträgt, ohne das Spiel zu beeinflussen. Die Regie liegt immer beim Spieler selbst. Es ist jederzeit möglich, die eigene Geschichte zu beenden oder ihr eine Wende zu geben.
Durch das Spiel werden traumatische Erlebnisse von der Seele gespielt und neue Verhaltensweisen ausprobiert.
Je nach Bedürfnis werden einzelne Momente aus dem Spiel, ganze Szenen oder Geschichten so lange wiederholt, verändert, weiterentwickelt oder mit anderen Figuren neu inszeniert, bis es gelingt, belastende Erfahrungen zu verarbeiten und zu integrieren.
Nebst dem Spiel sind auch das Erschaffen und Beseelen eigener Figuren oder die Herstellung von Requisiten ein wichtiger Teil des therapeutischen Prozesses. Durch einfache Techniken und verschiedenste Materialien ist dies bereits ab einem Alter von vier Jahren möglich.
Jede gestaltete Figur ist ein Teil ihres Schöpfers selbst. So können innere Bilder sichtbar und fassbar gemacht werden. Durch die äussere Gestalt, die gegeben wurde, kann dieser Teil eingeordnet und vom Schöpfer selbst gesteuert werden.
Durch die dreidimensionale Verwirklichung kann von verschiedenen Seiten betrachtet werden, welcher Teil im Aussen sichtbar gemacht wurde. Wird die Figur auf der Hand gehalten, wird sie lebendig und strahlt zurück. Sie gewährt einen Einblick ins eigene Innenleben. Da dieser Vorgang unbewusst und intuitiv geschieht, wirkt er heilsam und fördert den Entwicklungsprozess.
Jede erschaffene und zum Leben erweckte Figur stellt also die eigene innere Auseinandersetzung mit sich selbst dar.
Handelt es sich beim Klienten um ein Kind oder Jugendlichen, sind Gespräche mit den Eltern, Bezugs- oder Fachpersonen ein wichtiger Bestandteil der Therapie. Sie helfen, ein gemeinsames Verständnis für den inneren Prozess des betroffenen Kindes zu entwickeln und beeinflussen die Therapie positiv.